Wir spielen ja bekanntlich sehr gerne (siehe z.B.
hier oder auch
hier)! Mekka der Brettspiele-Welt ist eigentlich in jedem Jahr die Messe
"Spiel" in Essen, bei der viele Verlage, von Ein-Mann-Unternehmen bis zu den großen Spieleverlagen an vier Tagen ihre Neuerscheinungen und Klassiker präsentieren und meist auch zum Verkauf anbieten. Wir sind dort auch schon mehrmals gewesen, aber seit die Mausbeere unser Leben gehörig durcheinander"gewürfelt" hat, waren wir aus nachvollziehbaren Gründen nicht mehr dort. Mehrtägige Fahrten arten leicht in Mini-Weltreisen aus, und für einen einzigen Tag stehen Aufwand und Nutzen auch in keinem guten Verhältnis zueinander.
Die Alternative in diesem Jahr, war für uns erstmalig die "
Spielewelt in Bielefeld", die ein
ortsansässiger gemeinnütziger Verein einmal pro Jahr veranstaltet. Die Lokalität ist die Ravensberger Spinnerei, die auf dem Gelände liegt, wo in diesem Jahr auch schon
Zirkus Roncalli gastierte. In dem Gebäude ist standardmäßig die Volkshochschule von Bielefeld untergebracht, wir fanden den Ort für unsere speziellen Bedürfnisse in Teilen ziemlich ungeeignet, zu unseren Kritikpunkten komme ich am Ende.
Der Tag begann spät, zu einer sehr Mausbeeren-Mama-freundlichen Zeit, als wir alle gut gelaunt nach Bielefeld fuhren:
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Ich will zur… |
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…Spielewelt in Bielefeld!!! |
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Das ist ja mal ein hübscher Wiedereintritts-Stempel! |
Die Veranstaltung war zwar sehr gut besucht, aber zum Glück für uns nicht so voll dass man mit dem Ferrari nicht doch noch überall einigermaßen gut hingekommen wäre. Außerdem hatten wir das Glück (in Essen ist das zum Teil schon echt anders gelaufen), dass wir eigentlich immer einen freien Tisch mit einem Spiel gefunden haben, und uns selbiges auch von kompetenter Seite aus erklärt wurde. Ich möchte gerne an dieser Stelle ein bisschen OT (Off-Topic = Thema-fern) werden, und die angespielten Spiele einmal vorstellen. Vielleicht spielt ja der ein oder andere Mausbeeren-Blog-Leser auch sehr gern, und ist dankbar für ein paar Empfehlungen:
Mexica (Wolfgang Kramer und Michael Kiesling)
Hier muss man versuchen in einer, in einem See gelegenen, mexikanischen Stadt durch das kluge Anlegen von Kanälen Stadtbezirke zu schaffen, und diese dann durch die Errichtung von Tempeln dauerhaft zu kontrollieren.
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Nee, Mama. Nutz Du mal lieber Dein Tempelchen um… |
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…den Papa mal sowas von vernichtend bei "Mexica" zu schlagen! |
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Während man bei vielen Spielen als Vielspieler zu Beginn ein doch recht klares Bild hat, wo der Hase langläuft, "macht" man hier erstmal ziellos einfach irgendetwas. Vermutlich werden sich taktischere Duelle erst nach ein paar Partien ergeben. Gefallen hat uns Mexica aber gut.
Antarctica (Charles Chavallier)
In einer weiter entfernten Zukunft entbrennt in der Antarktis ein Wettlauf um Resourcen und Forschungsergebnisse zum Wohle der Menschheit, und jede Nation versucht am meisten dazu beizutragen. Die schwach leuchtende Sonne hat nur genug Kraft um pro Runde ein Solarschiff anzutreiben und dem Besitzer Aktionen wie das Errichten von Gebäuden oder das Anwerben neuer Forscher zu ermöglichen.
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Antarctica, unserer Fang des Tages |
An Antarctica hat uns vor allem die überraschende Spielmechanik gefallen, man zieht nicht abwechselnd, sondern hat durch die Platzierung der eigenen Schiffe in den Vorrunden Einfluss darauf, wann wieder ein eigenes Schiff der Sonne am nächsten steht und sich bewegen kann. Das Spiel ist definitiv unser Favorit gewesen, und ein Exemplar haben wir uns auch direkt am Stand des Verlages gekauft.
Celestia (Aaron Weissblum)
In diesem Spiel macht die Spielergemeinschaft eine Reise in einem Luftschiff, das der nach jedem Zug wechselnde Kapitän sicher durch alle Gefahren lotsen muss. Je nach zurückgelegter Strecke winken denen Schätze, die lange an Bord geblieben sind.
Das Spiel mit den sicherlich am schönsten illustierten Karten und einem plastischen Luftschiff war, obwohl auf der Packung so angegeben, für zwei Spieler ziemlich sinnfrei zu spielen.
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Celestia |
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Sooo sehen Sieger aus!!! |
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Hallo Ihr kleinen Pöppel! |
Skyliners (Gabriele Bubola)
Das Prinzip ist per Zufall vielleicht jemandem aus Rätselzeitschriften bekannt: Hochhäuser die in einem quadratischen Raster stehen, verdecken in Blickrichtung andere Hochhäuser, die kleiner oder nur ebenso hoch sind wie das vordere Hochhaus. Zum Beispiel sieht der Spieler, der im unteren Bild die untere Reihe von links aus betrachtet, nur zwei Gebäude (die mit den blauen Dächern). Ein Spieler der von rechts schauen würde, sähe dagegen drei Gebäude (der grüne Park ist wie ein Gebäude zu betrachten). In diesem Spiel hat man mit dem Einsetzen von Stockwerken dafür zu sorgen, dass man von seiner Seite aus gesehen möglichst viele Gebäude sieht.
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Skyliners… |
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…mit den definitiv witzigsten Punktezählern des Tages. |
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Wie bei Mexica gilt, die erste Partie ist noch recht planlos, interessantere Paarungen ergeben sich wohl erst mit ein bisschen Erfahrung. Allerdings stellt sich für uns die Frage, ob das Spiel zu zweit überhaupt Sinn macht, am besten dürfte es wohl funktionieren wenn von allen vier Seiten Spieler möglichst gute Sicht auf viele Gebäude zu erlangen versuchen.
Carcassone - Über Stock und Stein (Klaus-Jürgen Wrede)
Ein Spiel aus der Carcassonne-Familie, das von jedem der schon einmal ein Spiel daraus gespielt hat, sofort nach Erklärung der Unterschiede gespielt werden kann.
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Carcassonne - Über Stock und Stein |
Leider konnten wir das Spiel nicht mehr zu Ende spielen, weil auf der kleinen Empore mit dem Tisch darauf die abendliche Verlosung stattfinden sollte. Dafür hatten wir uns aber auch vorher recht lange mit der netten Dame vom Spieleverein, die das Spiel erklärt hat und selbst lange Jahre in Bethel gearbeitet hat, angeregt über die Beere unterhalten.
Sushi Dice (Henri Kermarrec), Dobble (Denis Blanchot) & Game Over (Jérémy Peytevin)
Zum Abschluss des Tages hatten wir noch Zeit für ein paar kleine, schnelle Spiele, die bei eigenen Spieleabenden auch gerne am Ende als "Rausschmeißer" gespielt werden.
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Noch'n Sushi-Seminar? Nee, Sushi Dice. |
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Dobble |
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Game Over |
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Sushi Dice ist ein schnelles Würfelspiel mit Ärgerfaktor, bei dem es darum geht geforderte Sushi-Platten zu erwürfeln. Dabei muss man aber immer auch die Würfe des Gegners im Auge behalten, denn wenn dieser einen giftigen Kugelfisch würfelt kann man "Pfui" rufen, und der Gegner muss von vorne beginnen.
Bei Dobble sind eine Vielzahl von Varianten möglich, die aber letztlich alle darauf basieren, dass auf je zwei Spielkarten, die alle eine Vielzahl von Symbolen tragen, immer genau ein Symbol existiert, dass auf beiden Spielkarten zu sehen ist. Dieses Symbol ist so schnell wie möglich zu finden. Wer mag, möge dies am mittleren Foto oben selbst einmal versuchen. Die Konstruktion der Karten, damit genau dies immer möglich ist, ist selbst für mich auf den ersten Blick erstaunlich.
Bei Game Over (passenderweise tatsächlich der Tagesabschluss) geht es nach einem Ich-packe-meinen-Koffer-Prinzip durch einen zugedecktes Karten-Verlies, auf der Suche nach Prinzessin und Schlüssel.
Gerade die beiden erstgenannten Spiele bei denen es auf Geschwindigkeit ankommt, haben uns sehr, sehr gut gefallen. Eventuell werden beide früher oder später in die eigene Spielesammlung übergehen.
Der Tag hat uns wirklich gut gefallen, und wir fanden es schade, dass wir den Sonntag wegen anderer Termine nicht auch noch wahrnehmen konnten. Außerdem müssen wir die Mausi an dieser Stelle (hoffentlich hat jemand bis hierhin gelesen) noch einmal ausdrücklich loben. So zufrieden, wie die Dame nunmal immer ist, ist es eine Freude mit ihr eine solche Unternehmung zu machen. Kein Gequengel, nur sehr interessiertes Herauslugen aus dem Ferrari um die Umgebung zu betrachten. Und während der ausführlichen und Konzentration erfordernden Partie Antarctica, hat sie sich exakt von Anfang bis Ende ein Nickerchen gegönnt. Brav!
(Anmerkung: Der folgende Abschnitt ist bis auf den letzten Satz noch in der Form, in der ich ihn zunächst verfasst habe, da er im Wesentlichen nur unsere spontan gemachten Beobachtungen und Gedanken dokumentiert. Wir haben allerdings einen offiziellen Kommentar des Veranstalters bekommen, der sicherlich einige Punkte relativiert. Für ein ausgewogenes Bild sei bitte jedem Interessierten empfohlen die Kommentare ab Kommentar #6 zu lesen.)
Jetzt noch zu unseren Kritikpunkten an der Örtlichkeit. Das folgende Bild, das sich zunächst jeder einmal in groß ansehen sollte, bringt es im Wesentlichen auf den Punkt. Wer findet hier die "Fehler"?
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Der große Saal im Erdgeschoss – nur absolut nicht barrierefrei |
Im Bild sind sehr schön zwei Dinge zu sehen: Erstens ist dort eine Empore, auf der auch gerade noch die Favoriten-Spiele des Ausrichters präsentiert werden, die nur über eine lange Treppe zugänglich ist. Zweitens befinden wir uns auf dem Bild, wie man erkennen kann, in einer Senke in der viele Verlage ihre aktuellen Highlights präsentierten. Die drei Stufen waren für uns noch leicht zu bewältigen, aber gerade rollstuhlfahrenden Spielefans würde auf dieser Veranstaltung das Leben doch ziemlich kompliziert gemacht. Leider zog sich dieses wirklich unzeitgemäße Muster durch die komplette untere Etage, auf dem Bild nicht mehr zu sehen ist der extrem(!) schmale Umlauf rund um die Senke, der durch die dort stehenden Tische für uns von der Breite her so gut wie nicht gangbar war. Sich an einem der Tische zum Spielen niederzulassen war dagegen komplett ausgeschlossen. Und von abgesperrten Türen zu den behindertengerechten Toiletten im Obergeschoss, habe ich noch gar nicht angefangen…
Auch wenn ein sicher nicht auf Rosen gebetteter gemeinnütziger Verein mit viel Engagement eine solche Veranstaltung stemmt: Da ließe sich noch etwas besser machen!